Es gibt doch Facebook, Instagram, TikTok und so weiter. Wozu brauche ich dann eine eigene Webseite?
1. Der Anbieter kann sich ändern.
Der wichtigste Grund für eine eigene Webseite ist, dass die Webseite Dir gehört. Ein Konto bei den sozialen Medien gehört dem Anbieter.
Ein Beispiel: Elon Musk kauft Twitter, jetzt „X“. Vielleicht möchte ein anderer Milliardär Facebook kaufen? Oder Instagram? Oder ein Politiker, dem Du in herzlicher Abneigung verbunden bist, übernimmt das Ruder bei TikTok. Mit anderen Worten:
Plötzlich befindet sich Deine ausgeklügelte social Media-Präsenz in einem Umfeld, das Du Dir nicht ausgesucht hast und das Dir vielleicht auch nicht gefällt. Und möglicherweise ändert der neue Inhaber die Spielregeln.
2. Die Inhalte auf den sozialen Medien gehören …
den ‚Sozialen Medien‘. Die Inhalte, die Du erstellt hast, darf Facebook bzw. Meta, wie der Konzern seit 2021 heißt, nutzen. Das Urheberrecht an Fotos, die Du auf Facebook postest, geht automatisch auch an Facebook – zu deren eigener Verwendung. Damit entziehen sich Deine eigenen Inhalte Deiner Kontrolle. Das steht in den allgemeinen Nutzungsbedingungen, denen Du zugestimmt hast.
Selbstverständlich erhältst Du dafür keine Vergütung – du darfst Facebook & Co schließlich ‚gratis‘ nutzen. Nein, es ist nicht umsonst. Du zahlst mit Deinen Daten.
3. Nicht gratis: Wie du bei Facebook & Co zweimal zahlst
Wer Dich mit ‚like‘ kennzeichnet, merkt Facebook sich. Was Du anbietest, merkt Facebook sich. Mit wem Du ‚in Freundschaft‘ verbunden bist, ebenfalls. Wohin Menschen, die Dich liken, in den Urlaub fahren – du ahnst es – merkt sich Facebook auch. Wie all die so entstandenen Daten miteinander verknüpft und verwertet werden, bestimmen allein Facebook, Instagram, X, TikTok usw. Das ist der oft zitierte Algorithmus: Die Auswertung der gesammelten Daten nach bestimmten und geheimen Kriterien.
Dazu kommt: Wenn Du mit Anzeigen auf Facebook für Dein Unternehmen werben möchtest, zahlst Du für die Daten, die Du Meta kostenlos überlassen hast, bares Geld. Denn Du bewirbst einen Post von Dir, indem Du Zielgruppen definierst nach Alter, Geografie, Geschlecht, Vorlieben, Bildung usw. Diesen Zielgruppen wird Dein Post dann als Inhalt vorgeschlagen und eingeblendet. Das lässt sich Meta bezahlen. Bloß: Woher kennt Meta die Vorlieben der Zielgruppen überhaupt? Das sind die Daten, die Du dem ‚Social Medium‘ kostenlos überlassen hast. Du zahlst also zweimal. Ich finde, das ist ein schlechtes Geschäft für Dich.
4. Außerdem: Facebook macht dir den Datenschutz unmöglich
Ein kurzer Ausflug ins Thema Datenschutz: Nach Artikel 26 DSGVO sind Betreiber und Hoster (hier also Facebook) einer Webseite gemeinsam für die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen verantwortlich. Wer eine Unternehmens-Fanpage auf Facebook betreibt, kann Facebook jedoch nicht davon abhalten, auf die Daten der Besucher zuzugreifen. Deswegen verstößt eine Facebook-Fanpage grundsätzlich gegen Artikel 26 DSGVO.
Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 11. September 2019 (BVerwG 6 C 15.18) entschieden, dass ein Unternehmen aus datenschutzrechtlichen Gründen von einer Datenschutzbehörde dazu aufgefordert werden kann, seine Fanpage auf Facebook zu löschen. Das Ganze ging vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH), wo diese Rechtsauffassung bestätigt wurde.
Nun hat Facebook versucht, nachzubessern. Leider führen diese Bemühungen nicht dazu, das Problem zu lösen. Noch immer können Betreiber einer Fanpage auf Facebook – und darum handelt es sich bei einer Firmen-Facebook-Seite – den Schutz der Daten ihrer Besucher auf dieser Seite nicht gewährleisten. Die erforderliche gemeinsame Verantwortung des Seitenbetreibers und Facebooks gemäß Artikel 26 DSGVO ist noch immer nicht gewährleistet (Stand April 2022). Mehr dazu kannst Du hier lesen. Fazit: Wenn du statt einer richtigen Webseite lieber eine Präsenz in den sozialen Medien betreibst, gehst Du Risiken ein, die nicht allein in Deinen Händen liegen. Du bist abhängig vom Betreiber der Plattform.
5. Die Lebensdauer der Inhalte
Wie lange leben Deine Inhalte im Internet? Wie lange sind sie prominent zu sehen? Mit Akribie und Zeitaufwand erstellst Du die Inhalte für Deine Website. Der Aufwand lohnt sich nur, wenn Inhalte auch gelesen werden. Die Chance, dass Deine Posts von Ihrer Zielgruppe wahrgenommen werden können, ist auch davon abhängig, wie lange Deine Beiträge überhaupt im Newsfeed der Plattform sichtbar sind. Hier ein paar Zahlen des indischen Softwareentwicklers Mamsys (zitiert nach Sportbrain und textbroker):
So lange sind Beiträge im Internet durchschnittlich in der timeline sichtbar
- Twitter bzw X: 18 Minuten
- Facebook: 5 Stunden
- Instagram: 21 Stunden
- YouTube: 20 Tage
Die Posts sind regelrechte Eintagsfliegen im Vergleich zum Blogeintrag auf der eigenen Webseite:
- Blog: 2 Jahre!
Zwei Jahre! So lange lebt übrigens auch kein Flyer, kein Plakat und erst recht keine Zeitungsanzeige. Also, wenn das mal kein sehr guter Grund für eine eigene Webseite ist, weiß ich auch nicht …